Wird ein Kind nicht wie gewohnt "an Land" bzw. "an der Luft" geboren, sondern entweder unter Wasser einem speziell dafür vorbereiteten Ort (Geburtspool, Badewanne, Tonne oder Fass) oder in natürlich vorhandenem Wasser (Meer, See, Teich, Fluss, Bach) geboren, so nennt man dies Wassergeburt. Dabei ist dies keinesfalls eine Modeerscheinung, sondern eine uralte, sanfte und intuitive Form der Geburt. Bei vielen Völkern wird die Wassergeburt seit Urzeiten praktiziert.
Auch in der modernen Geburtshilfe beginnt sich langsam eine Rückbesinnung auf die Ungestörtheit natürlicher Vorgänge abzuzeichnen, weshalb die Wassergeburt vielerorts einen Aufwärtstrend erlebt.
Vorteile für die Mutter
Die Begriffe Wasser und Geburt sind untrennbar miteinander verbunden. Beginnt doch unser aller Leben zunächst im (Frucht-)Wasser. Auch während der Geburt kann dieses Urelement für die gebärende Frau sehr viel Unterstützung bieten:
- Durch die Auftriebskräfte des Wassers fühlt sich die Frau fast schwerelos.
- Bewegungen und Positionen, die außerhalb des Wassers unbequem und schwerfällig wären, sind im Wasser mühelos
möglich. Die Frau kann aufrecht sein, hocken oder knien, ohne zu ermüden und hat so maximale Bewegungsfreiheit. - Das Wasser trägt einen Großteil ihres Gewichts. Gewebe und Muskeln werden so entlastet, die ganze Kraft kann auf die eigentliche Geburtsarbeit konzentriert werden.
- Durch das Wasser wird eine optimale Durchblutung und Dehnfähigkeit erreicht, weshalb es bei Wassergeburten wesentlich seltener zu Geburtsverletzungen kommt als bei 'Landgeburten'. Für Frauen mit Verletzungen und Narben aus vorangegangenen Geburten (Dammrisse/-schnitte, Kaiserschnitte) ist dies ein enormer Vorteil, denn auch narbiges Gewebe ist im Wasser viel belastbarer und wird gleichzeitig mehr geschont.
- Wasser wirkt zum einen durch seine Wärme und zum anderen durch seinen Gegendruck als optimaler Dammschutz.
- Geburten im Wasser gehen oftmals schneller voran und die Frau braucht durch die entspannende und schmerzlindernde Wirkung keine Schmerzmittel.
- Der Aufenthalt im Wasser wird für viele Frauen während der Geburt zum Rückzugsort, der ihr die erforderliche Sicherheit und Ungestörtheit garantiert und sie gleichzeitig vor Blicken und Zugriffen schützt.
Vorteile für das Kind
Die Geburt stellt für das Kind einen Übergang dar, der von enormen Umstellungen begleitet ist. Vom gleichmäßig warmen Fruchtwasser kommt es an kühlere Luft, das gedämpfte Licht im Uterus weicht hellen und wechselnden Lichtimpulsen, Geräusche stürmen auf das Neugeborene ein, plötzliche Weite, wo vorher umarmende Enge war, die Schwerkraft wirkt ungebremst und der erste Atemzug - der anstrengendste des ganzen Lebens - steht bevor. Bei der Wassergeburt gestaltet sich dieser Übergang so sanft wie nur möglich. Das Kind bleibt zunächst im vertrauten Element Wasser, die Sauerstoffversorgung wird nach wie vor über die Nabelschnur sichergestellt. Langsam taucht das Kind aus dem Wasser an die Oberfläche oder wird sanft herausgehoben auf den Bauch der Mutter. Sein Körper kann noch im Wasser bleiben, während das Gesicht den ersten Kontakt mit der ungewohnten Luft bekommt. Langsam und allmählich kann das Kind so hinübergleiten von der Welt des Wassers in die Welt der Luft. Von selbst beginnt es zu blinzeln, zu niesen, um die Atemwege freizubekommen und beginnt langsam zu atmen. Ist die Umstellung komplett erfolgt, erlischt die Versorgung durch die Nabelschnur, sie hat auspulsiert und kann nun durchtrennt werden. Der 'Geburtsschock', den das Kind erlebt, ist so auf ein Minimum begrenzt. Kinder, die im Wasser geboren wurden, leiden deshalb seltener unter Anpassungsschwierigkeiten, haben seltener Neugeborenengelbsucht und entwickeln sich motorisch und sprachlich im ersten Lebensjahr meist schneller als ihre Alterskollegen.
Zu beachten:
Die richtige Wassertemperatur ist von entscheidender Bedeutung für den optimalen Verlauf einer Wassergeburt. Das Empfinden der Frau ist ausschlaggebend. Viele Frauen sind während der Geburt temperatursensibler als gewohnt und empfinden normal temperiertes Wasser oft als zu warm. Dies ist eine Schutzreaktion des Körpers, um Kreislaufproblemen bei der Frau und Sauerstoffmangel beim Kind vorzubeugen und sollte immer beachtet werden. Die Wassertemperatur muss sich also am Wohlbefinden der Frau orientieren, sollte aber Körpertemperatur (37,5°C) nicht überschreiten.
Die Wassertiefe muss so bemessen sein, dass die Geburt des Kindes vollständig unter Wasser stattfindet, um ein vorzeitiges Auslösen des Atemreflexes zu vermeiden.
Der Einstiegszeitpunkt sollte nicht vor einer Muttermundöffnung von 5 cm liegen. Steigt die Frau vorher ins Wasser, können die Wehen ineffektiv und schmerzhaft werden. Ab ca. 5 cm Eröffnung entfaltet das Wasser seine optimale Wirkung - die Wehen werden effektiv und weniger schmerzhaft, die Geburt geht zügig voran.