Ich hatte mittags wie die Tage davor ein bisschen Schleimabgang, diesmal allerdings nicht klar sondern dunkelblutig. Aber es war so wenig, dass ich mir noch keine Gedanken machte, weil ich ja auch wusste, dass der Schleimpfropf auch weit vor der Geburt abgehen kann.
Am Nachmittag war ich mit Lara noch zu Fuß auf einem etwas entfernten Spielplatz (halbe Stunde einfacher Weg) und konnte das aber gut bewältigen.
Als wir wieder zu Hause ankamen hatte ich noch etwas Schleimabgang mit ein wenig hellem Blut und einen ziemlichen Druck auf meinem Becken, als würde das Baby seinen Kopf ins Becken drücken. Um 19 Uhr kam dann Schatzi von der Arbeit nach Hause und wir saßen so am Abendbrottisch während ich mich darüber beschwerte, wie unangenehm dieser Druck sei und dass das jetzt hoffentlich keine bleibende Schwangerschaftsbeschwerde werden solle. Schatzi brachte Lara ins Bett, die sehr müde war und ich saß noch ein wenig am Rechner. Um 21 Uhr realisierte ich dann, dass der Druckschmerz ziemlich wehenähnlich kam und ging und habe das sehr erfreut Schatzi mitgeteilt. Er nahm es aber sehr gelassen, so wie er eben ist:
Wenns kommt, dann kommts. Um 21:30 machte ich dann noch ein Heublumendampfbad, wie es Stadelmann empfiehlt, weil ich gelesen hatte,
dass das zu Anfang der Wehen eingesetzt helfen soll, das Gewebe aufzulockern.
Um 22:30 konnte ich dann trotz noch sehr sanfter Schmerzen einschlafen.
Um 0:30 war der Nachtschlaf dann aber vorbei. Nachdem ich von einer gut erträglichen Wehe geweckt wurde konnte ich einfach nicht mehr einschlafen. Ich rechnete mir aus, dass es wieder ca. so lange wie bei Lara dauern würde, vielleicht ein bisschen kürzer. Und damit wären wir dann bis zum nächsten Mittag beschäftigt gewesen. Also wollte ich Schatzi noch ein bisschen Schlaf gönnen. Leider konnte ich damit vorerst aber auch mein Geburtszimmer nicht nutzen, das ja unser Schlafzimmer war. Mit einem Kirschkernkissen hinten und der Wärmflasche vorne waren die Wehen noch ganz gut auszuhalten, wenn ich auch schon ein bisschen leise vor mich hin tönte. Ich machte den Rechner noch mal an, surfte ein bisschen, las mich durchs Forum. Um 1:45 versuchte ich mich noch mal ins Bett zu legen, weil ich plötzlich daran denken musste, wie erschöpft ich nach Laras Geburt bzw. am Ende der Geburt war. Ich konnte aber nicht einschlafen, starrte auf die Uhr und machte einen Abstand von ca. 7 Minuten zwischen den Wehen aus. Dann saß ich wieder am Schreibtisch, schrieb die Wehen auf: 1:50, 1:55, 2:02, 2:14, 2:19, 2:23, 2:24. Während der Wehen lief ich jetzt durchs Wohnzimmer, kreiste mit meiner Hüfte, tönte schon ein bisschen lauter.
Um 2:45 beschloss ich dann nach kurzer Absprache mit Schatzi (er wollte aber noch weiterschlafen), meine Mutter anzurufen, denn sie sollte ja, wenn es losgeht, Lara abholen. Sie hatte 2 ½ bis 3 Stunden Fahrtzeit und ich rechnete mit Laras Aufwachen zwischen 6 und 7. Sie wollte auch sofort losfahren. Ich hatte schon Laras fertig gepackte Tasche rausgeholt und wollte noch Griesbrei kochen und ein paar Brote für Lara schmieren. So stand ich also um 3:00 Uhr in der Küche und rührte im Griesbreitopf während ich plötzlich die Wehen gar nicht mehr lustig fand. Ich musste mich jetzt
schon immer vor mir aufstützen und Aaaahte vor mich hin.
Um kurz nach 3 habe ich dann ziemlich unsanft Schatzi geweckt, damit er den Pool voll macht. Ich machte eine CD an und tanzte so singend durchs Zimmer während Schatzi Eimer schleppte und eine Folie unter das Bettlaken zog. Um 3:30 habe ich dann das erste Mal meine Hebi angerufen, ihr berichtet und sie fragte, ob sie kommen solle (sie hat eine halbe Stunde Fahrtzeit). Ich hatte aber das Gefühl, dass ich die Wehen so mit Schatzis Hilfe noch eine Weile ganz gut aushalten könne und ich war ja fest überzeugt, dass die Geburt noch eine ganze Zeit so weiter geht. Um 3:50 gingen mir Schatzis Vorbereitungen langsam auf die Nerven. Wann war er denn endlich fertig und konnte mir helfen? Die Wehen waren nicht mehr lustig. Ich veratmete sie jetzt immer im Vierfüßlerstand vor dem Bett hockend mitten im Weg, den Schatzi mit jedem Eimer auf dem Weg zum Pool nehmen musste. Ich rief meine Hebi an, sie solle bitte sofort kommen. Das war ca. um 4:00 Uhr. Ich war völlig fertig mit meiner Geduld, schrie bei
jeder Wehe nach Schatzi, damit er mit seinem ganzen Gewicht auf mein Kreuz drückte. Dabei reichte das Tönen mir nicht mehr und ich schrie jedes Mal KOMM RAUS in einem ziemlich weinerlichen Tonfall. Nur so waren die Wehen noch erträglich, die mich schon fast zu zerreißen schienen.
Gleichzeitig versucht ich ständig, mein Gesicht und die Schultern zu entspannen, weil ich im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatte, dass diese Muskeln direkt mit dem Beckenboden in Zusammenhang stehen und bei verspannter Haltung alle Wehen umsonst sein können. Der verzweifelte Gedanke beherrschte mich, diese schrecklichen Schmerzen noch Stunden aushalten zu müssen und wollte endlich ins Wasser. Im Nachhinein bin ich mir ziemlich sicher, dass dies schon die Übergangsphase ankündigte.
4:25 Plötzlich wurden die Wehen wieder deutlich schwächer und ich spürte schon den Anfang eines Pressdrangs, was mich ziemlich beunruhigte. Ich wusste, dass man nur bei geöffnetem Muttermund richtig pressen darf und jammerte vor mich hin.
Gleichzeitig war Lara von meinem Gebrüll aufgewacht und weinte in ihrem Zimmer voller Panik. Schatzi rannte nach dem nächsten Eimer – total gestresst, als ich ihn anherrschte, sich doch bitte mal um Lara zu kümmern, der Pool wäre nicht so wichtig. So hatte Schatzi Lara auf dem Arm und beruhigte sie im Nebenzimmer, der Pool war erst 2/3 voll und das Wasser noch zu heiß. Ich rief Schatzi, er solle die Hebi anrufen, ob ich pressen darf, denn ich hatte wirklich Angst irgendetwas kaputt zu machen. Ich robbte am Rand des Bettes in Richtung Pool, so dass ich auf Folie kniete – ich wollte ja
nicht den Teppich einsauen – und zog meine Hose halb aus. Am Telefon meinte die Hebi, sie sei fast da und wenn ich pressen müsste dann könnte ich das vorsichtig machen. So presste ich bei der nächsten Wehe und merkte deutlich wie das Baby in den Geburtskanal rutschte und die Fruchtblase platzte. Glücklicherweise schien nur etwas Fruchtwasser vor dem Köpfchen gewesen zu sein und so lief nur ein bisschen heraus auf die Folie und meine Füße. Noch eine Presswehe presste ich so halbwegs mit bis ich endlich die Türklingel hörte.
Um 4:30 war meine ersehnte Hebi endlich da. Ich jammerte, dass alles blöd wäre und nicht so wie ich mir das vorgestellt hätte, der Pool noch nicht fertig war, ich Angst hätte zu pressen und sie hörte sie noch schnell die Herztöne des Babys ab: Die waren aber in Ordnung und regelmäßig. Während der ganzen Wehenzeit hatte ich auch oft noch die kleinen Füßchen treten gefühlt und war mir ziemlich sicher, dass alles in Ordnung war. Sie untersuchte mich bei der nächsten Presswehe. Das Köpfchen lag im Geburtskanal. Ich sagte, dass es beim halbherzigen Pressen schon so brannte und ich Angst hätte, wieder zu reißen. Sie fragt nach dem starken Kaffee, den wir machen sollten und gerade den hatte ich vergessen. Sie wollte nämlich den Kaffee auf einer Kompresse für den Dammschutz verwenden. So schlug sie vor, doch noch in den Pool zu gehen. Ich jammerte vor mich hin, dass ich mich nicht bewegen könnte, aber dann wollte ich doch ins Wasser. So veratmete ich halbpressend eine Wehe und stieg in den Pool. Blieb aber
vorn über gebeugt stehen, weil es mir viel zu warm vorkam. Schatzi holte noch einen Eimer kaltes Wasser und ich presste noch eine Wehe bei der der Kopf schon deutlich nah ans Ende kam, er rutschte aber wieder ein Stück zurück. Dann konnte ich mich endlich ins Wasser sinken lassen und merkte eine deutliche Schmerzerleichterung als das Wasser meinen Bauch berührte.
Die ganze Zeit war ich vorne über gebeugt gewesen und konnte mir auch keine andere Position vorstellen. Ich brauchte unbedingt etwas Festes zum Festhalten und so kam auch dann im Pool nur der Rand zum Darauf lehnen in Frage – das Tuch war mir viel zu wackelig. Nach 2 weiteren Presswehen, nachdem ich mich endlich überwinden konnte, gegen das Brennen zu pressen, war der Kopf draußen. Die Hebi passte auf, dass mein Po unter Wasser blieb (weil ja zu wenig Wasser drin war), aber das schränkte mich
glücklicherweise nicht in meinem Bewegungsdrang ein. Während ich auf die nächste Wehe wartete bemerkte ich ganz beglückt, dass das Kind sich bewegte – es ging ihm also auf jeden Fall gut. Während der nächsten Presswehe musste ich noch mal ziemlich stark pressen um auch die Schultern herauszubekommen. Während des ganzen Pressens schrie ich ziemlich laut Ohhhh und Ahhhh – das hat mir sehr geholfen. Als das Baby herausflutschte schob meine Hebi es zwischen meinen Beinen zu mir und ich war total überrascht von diesem total mit Käseschmiere bedeckten Säugling, der da unter mir auftauchte. Es war 5:04. Ich nahm es auf den Arm und setzte mich an den Rand des Pools. Ganz anders als bei Laras war ich beim Anblick dieses Babys ganz aufgewühlt und gerührt. Die Hebi fragte, was es denn sei – ich hatte gar nicht daran gedacht – es war ein Junge.
Schatzi kam mit Lara herein – sie waren auch zwischendurch immer mal wieder da, aber meine Schreierei war für Lara aus der Nähe nicht ganz so gut zu ertragen. Lara rief sofort „Mama Baby funden“ und alle mussten lachen.
Auch danach lief sie ganz aufgeregt um den Pool herum, rief „Baby Füße“, „Baby Hand“ und wollte „Ei“ machen. Ich saß im Pool starrte meinen unglaublichen Sohn an und wartete dass er anfing zu atmen. Das erste Mal seit dem Anfang der Geburt war ich etwas verunsichert und sorgte mich, obwohl ich wusste, dass ein Baby einige Minuten nach der Geburt Zeit hat, die es noch über die Nabelschnur versorgt wird. Meine Hebi war aber sehr ruhig und gab mir ein paar Mal während dieser 2-3 Minuten die Nabelschnur in die Hand, die noch pulsierte. Sie gab ihm ein Globuli und kurz danach rieb sie ihm ein bisschen was auf den Kopf und dann japste er auch schon nach Luft. Noch nicht ganz regelmäßig aber immer Mal wieder atmete er und gewöhnte sich an diese Welt. Wir warteten noch ein paar unschöne Nachwehen und mit ein bisschen Ziehen an der Nabelschnur, nachdem sie mich gefragt hatte, ob sie das dürfe, half meine Hebi der Nachgeburt auch noch auf die Welt.
Dann zog ich mit meinem Sohn auf dem Arm aufs Bett um und wir wurden
schön warm eingepackt.
Ich habe ihn auf beiden Seiten gleich anlegen können (leider begleitet von fiesen Nachwehen) und nachdem die Hebi die Plazenta neben uns eingepackt hatte ließ sie mich, den neuen Erdenbewohner, der meine Brust seit der Geburt nicht verlassen hatte und Schatzi, der es mittlerweile geschafft hatte, dass Lara wieder schlief, für 1 Stunde allein.
Nachdem dann um 7:15 meine Mutter kam, die im Stau gestanden hatte, durfte sie abnabeln. Er wurde dann tief schlafend und zufrieden gemessen und untersucht.
Niklas Frederik wurde um 5:04 Uhr am 29.05.2007 geboren, ist 4090g schwer,
56cm lang und hat einen Kopfumfang von 36cm.
Ich bin an zwei Stellen oberflächlich gerissen, was aber nicht genäht werden musste und mir nur wenig Beschwerden macht. Auch wenn diese Hausgeburt überhaupt nicht so meinen Vorstellungen entsprach habe ich keine Sekunde an eine andere Möglichkeit gedacht. Diese Geburt hat das ganze Trauma der ersten wieder wettgemacht und ich bin so dankbar, dies erlebt haben zu dürfen.